Aus: "Schwarzer Faden", Nr. 0, 1980

Wahlboykott – Der Weisheit letzter Schluss?

Die neuere Entwicklung der Alternativbewegung sollte auch uns Anarchisten zu Überlegungen veranlassen, ob unser bisheriges Verhalten richtig war und ob neue Situationen andere Verhaltenweisen notwendig machen. Dadurch, daß die Grünen durch zunehmende Wahlerfolge und Aktivität verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken, besteht eine gesteigerte Hellhörigkeit und Aufnahmebereitschaft für neue Denk- und Handlungsanstöße, wie sie in der Geschichte der BRD nie zuvor vorhanden war.

Es wäre töricht, wenn wir mit unseren traditionellen und wenig einfallsreichen Wahlboykottaufrufen gutwillige Menschen unnötig vor den Kopf stoßen würden, obwohl sie unseren freiheitlichen Ideen näher stehen als sonst irgendjemand.

Schwarzer Faden, anarchistische Vierteljahreszeitung, Nummer 0

Die Mängel solcher Aufrufe treten heute recht massiv zutage. Die Basisbewegung und viele am Ort arbeitende Grüne haben sich konkreten Problemen zugewandt. Sie haben von den allgemeingehaltenen Versprechungen der Parteipolitiker genug und wollen endlich für sich selber erfahrbar Veränderungen erreichen.

Anarchisten, denen ja eigendlich der Blick für die Unzulänglichkeiten einer Papier-Politik geschärft sein müsste, sollten allein beim Medium Flugblatt (auf dem die Idee des Wahlboykotts ja meistens transportiert wird) die ersten Zweifel kommen. Gerade ihnen sollte die von Berni Kelb schon 1973 in seinem Buch "Organisieren oder organisiert werden" vermittelte Einsicht, daß eine Organisation, der die lebendige Beziehung zu einer Basisbewegung fehlt, dies durch einen besonderen Aufwand an Papier wettzumachen versucht, nicht allzu fremd sein.

Wir sollten uns einmal überlegen, wie so ein Wahlboykottaufruf wirkt, welche Folgen er haben könnte und welche Leute ihn bekommen. Wenn also auf einer Juso- oder Grünen Wahlfete oder bei einem Infostand unsere Flugblätter verteilt werden, so erreichen wir damit meistens Leute, denen bestimmte Probleme in einem speziellen Bereich unter den Nägeln brennen und die jetzt nach Möglichkeiten suchen, ihrem Anliegen mehr Geltung zu verschaffen. Und womit können wir mit unseren Wahlboykottaufrufen diesen Leuten dienen? - Mit abstrakten und allgemeinen Betrachtungen über das parlamentarische Wahlsystem, die nicht so ohne weiteres nachvollziehbar sind.

Dadurch, daß die Wahlboykottaufrufe nicht auf eine konkret faßbare praktische Betätigung hinwirken, befinden sie sich im Grunde auf der gleichen Ebene wie Wahlprogramme: Anarchisten als selbsternannte Stellvertreter der Basis- und Bürgerinitiativen. Der Aufruf, seine Interessen doch selbst in die Hand zu nehmen anstatt wählen zu gehen, ist nur noch ein Appell, ein hilfloses darüber hinwegtäuschen, daß wir nicht in der Lage sind, der Basisbewegung im Rahmen ihrer speziellen Aufgaben wirkliche Impulse zu geben. Und wenn wir dann den linken und grünen Stellvertretern den Vorwurf machen, sie würden sich von der Basisbewegung entfernen und viel zu viel Zeit für den Parlamentarismus-Kram verplempern, so werden auch wir unglaubwürdig.

Wir handeln - mit anderer Zielvorstellung freilich - genauso wie sie: wir entziehen der Basisbewegung unsere praktischen Fähigkeiten, indem wir viel Zeit und Energie für den (allgemeingehaltenen Kampf gegen den) Parlamentarismus opfern.

Ein Ausweg aus dieser Misere könnte gefunden werden, wenn wir auf traditionalistische Anwandlungen bestimmter Art bewußt verzichten, um unsere Kritik am parlamentarischen Vertretungssystem da anzubringen, wo sie im Rahmen einer speziellen Auseinandersetzung für jeden Beteiligten einsichtig sein kann.

Zweifellos ist es bequemer, Erklärungen auszugeben nach dem Motto "Die Welt aus unserer Sicht”, wie es die Kollegen von der FAU Hamburg in der Broschüre Hamburger Autonomer Gruppen gemacht haben, um dann darauf zu hoffen, daß der Gruppe von Zeit zu Zeit ein Bekehrter mehr zugeführt wird. Die Art, mit ein paar billigen Agitationsphrasen solch wichtige Probleme wie die Form unserer politischen Arbeit anzugehen, hat anscheinend in Deutschland Tradition - auch unter den Anarchisten.

Wahlboykott1947 hat Rudolf Rocker in seiner Broschüre "... Die Möglichkeit einer anarchistischen und syndikalistischen Bewegung" die haarsträubende Unfähigkeit der Anarchisten, ihre Arbeit den Erfordernissen der heutigen Begebenheiten anzupassen, treffend beschrieben: "Wir machten eben aus der Not eine Tugend, und da wir praktisch nicht fähig waren, unserem sozialen Dasein neue Möglichkeiten zu erschließen, so suchten wir unsere Zuflucht in verstiegensten Theorien und glaubten absolute Wahrheiten gefunden zu haben, während wir in Wirklichkeit immer tiefer in ein Dickicht der Irrungen und Wirrungen hineingerieten, aus dem ein Ausweg schwer zu finden war." Weiter schrieb er: "Denn Theorien helfen uns hier nicht weiter; sie haben eigentlich nie geholfen, so lange sie im Leben selbst keinen Ausdruck fanden und die Menschen nicht zur unmittelbaren praktischen Betätigung anregen konnten."

Um zu dokumentieren, daß Anarchisten sehr wohl in der Lage sind, sich an einer Umgestaltung der Gesellschaft praktisch zu beteiligen, verweisen wir gerne auf die spanische Revolutionszeit. Das Buch "Das libertäre Spanien" von Gaston Leval beschreibt bis ins Kleinste die Veränderungen in den Lebens- und Produktionsverhältnissen der Menschen damals und wird als beeindruckendes Beispiel gerne für unsere Ansichten in Anspruch genommen. Wer das Buch genau liest, merkt sehr bald, daß vor Ort in den Städten und Dörfern nicht nur von uns als typisch angesehene "Revolutionshandlungen" stattfanden, sondern auch sehr grundlegende und wichtige Sachprobleme auf der Tagesordnung standen: Da mußten Wasserleitungen zur Versorgung der Bevölkerung gelegt werden, da gingen die Genossen auf die Landwirtschaftsschule, um ihre Kenntnisse der heimatlichen Gemeinde zur Verfügung zu stellen usw.

Um die anstehenden Aufgaben lösen zu können, haben die Anarchisten mit den anderen Gruppen und Parteien zusammengearbeitet. Der Erfolg der Anarchisten damals war unter anderem auch darin begründet, daß jeder durch seine langjährige Tätigkeit im Beruf oder aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft im Stadtteil einen Überblick über die lokalen Probleme hatte und von den anderen Menschen als kompetent angesehen wurde. Obwohl die Meinungen in weltanschaulichen und überregionalen Fragen teilweise weit auseinandergingen, konnte jedoch im lokalen Bereich Schritt für Schritt Übereinstimmung über die notwendigen Aufgaben erzielt werden.

Auch Rudolf Rocker hat den deutschen Anarchisten nach dem Zweiten Weltkrieg nur raten können, mit der Arbeit in der untersten räumlichen Einheit zu beginnen:

"In der Gemeinde ist jeder Einwohner mit auch nur durchschnittlichen Geistesgaben imstande, alle Arbeiten übersehen zu können und sich darüber ein eigenes Urteil zu bilden, was bei dem zentralen Vertretungssystem der heutigen Nationalstaaten den meisten ganz unmöglich ist, weil hier alle Beziehungen so verwickelt sind, daß sie den breiten Schichten der Bevölkerung unverständlich bleiben müssen. ... Durch unsere positive Mitarbeit helfen wir nicht bloß dem neuen Aufbau, von dem unser Schicksal gleichermaßen abhängt, wir erwerben uns damit auch das Recht, gehört zu werden und unsere Ansichten zur Geltung zu bringen. .... Nach meiner Überzeugung kann das am besten geschehen, wenn unsere Genossen an den administrativen Arbeiten der Gemeinden vollen Anteil nehmen und versuchen, die Gedankengänge eines freiheitlichen und föderativen Sozialismus praktisch zur Geltung zu bringen, so weit dies unter den jeweiligen örtlichen Verhältnissen immer möglich ist. ... Dazu gehört nicht nur guter Wille, sondern auch technisches Können, das nur aus den Erfahrungen des Lebens gewonnen werden kann. Gerade dieser Seite der Frage sollten wir unsere ganze Aufmerksamkeit zuwenden."

Wir Anarchisten sollten uns bemühen, anderen Menschen so konkret und greifbar wie irgendwie möglich unsere Alternativen aufzuzeigen. Erst in der praktischen Betätigung zeigt sich, wie lebensfähig eine Bewegung ist. Durch die verstärkt ins Bewußtsein gerückte Umweltkrise erwarten viele Menschen Anregungen, wo und auf welche Art und Weise jeder mit dem Handeln beginnen kann:

Wie kann der nachträgliche Einbau energiesparender Techniken in öffentlichen Gebäuden durchgesetzt werden?

Wie kann in Bauplanungsverfahren der Gemeinden eingegriffen werden, um eine umwelt- und menschengerechte Lösung durchzusetzen?

Wie kann den Behörden Widerstand entgegengesetzt werden, wenn sie Windmühlen wegen angeblicher Beeinträchtigung des Landschaftsbildes verbieten wollen?

Was für Aktivitäten sind notwendig, um eine große Mülldeponie in der Nähe einer sowieso schon benachteiligten Arbeitersiedlung zu verhindern?

Wie können all diese zu speziellen Problemen arbeitenden Gruppen mit Gruppen gleicher Aufgabenstellung am besten zusammenarbeiten?

In welcher Form können die Gruppen mit unterschiedlichen Aufgabengebieten im lokalen Bereich gemeinsame Zusammenarbeitsformen finden?

Wenn ich mir die Publikationen in den letzten Jahren ansehe, so finde ich zu diesen Fragen herzlich wenig Beiträge. Dabei könnte durch eine verstärkte Beschäftigung mit diesen Fragen eine Brücke geschlagen werden zwischen den eher abstrakt-politisch ausgerichteten Anarchisten und den eher unpolitischen Alternativlern, die um die reale Ausgestaltung ihrer Utopie bemüht sind.

Beide Gruppen könnten sich durch die Wechselwirkung von politischer Auseinandersetzung mit den Institutionen einerseits und dem Aufbau alternativer Einrichtungen andererseits bestens in der Kommunalpolitik ergänzen. Weil im kommunalen Bereich die Probleme leichter zu überblicken sind, ist hier die Aussicht größer, daß sich unsere Aktivitäten in direkter Verbundenheit mit der Bevölkerung entwickeln. Da sich die Menschen mit ihrer unmittelbaren Umgebung stetig auseinandersetzen müssen, weil sie dort wohnen und arbeiten, nimmt auch unsere Arbeit in diesem Bereich dauerhaften Charakter an.

Die Bestrebungen in den Gemeinden nach mehr Selbständigkeit sind von den Herrschenden schon immer argwöhnisch beobachtet worden. Über die Gemeinden im Mittelalter schreibt Colin Ward in "Anarchismus in Aktion": "Daß die Gemeinden, die Communitates, zur Zielscheibe für die Angriffe des 'Establishments' wurden, ist nicht schwer zu begreifen. In einigen Fällen wurde das Wort 'Kommune' sogar als Schimpfwort gebraucht ... Unter dem Gesichtspunkt der Autonomie ist verständlich, warum und wie die Städte Allianzen - auch conjurationes genannt - eingingen oder sich mit anderen Städten verbündeten. Die populistische Gesinnung der Städte tendierte vermutlich dazu, einen gewissen revolutionären Geist wachzuhalten, der gegen die Hüter der Obrigkeit, gegen Autorität schlechthin gerichtet war."

Auch in der neueren Geschichte der BRD paßten eigenständige Gemeinden nicht in das Konzept eines auf Machtkonzentration ausgerichteten Staates. Infolgedessen wurden zwischen 1965 und 1978 durch die "Gebietsreform" 16.000 selbständige Gemeinden aufgelöst und größeren Einheiten zugeordnet. Um uns auf lokaler Ebene einen möglichst großen Handlungsspielraum zur Durchsetzung von Alternativen zu schaffen, ist es notwendig, daß wir uns für die Erhaltung und Ausweitung kommunaler Rechte einsetzen:

- Zurücknahme der 'Gebietsreform'

- Stop der Zentralisierung der kommunalen Selbstverwaltung

- Beendigung der „Finanzaustrocknung der Komunen und vergrößerte rechtliche Handhabungen der Kommunen gegenüber Privatinteressen (z.B. an Grund und Boden) im Interesse der Allgemeinheit vorzugehen." (Hans Jürgen Degen im Vorwort zu dem Buch Helmut Rüdigers, "Föderalismus").

Die Grünen konnten nur da überragenden Zulauf für ihre Organisation und bei den Wahlen verzeichnen, wo die Basisinitiativen durch längerfristige Aufklärungsarbeit und direkte Aktionen in der übrigen Bevölkerung ein Problembewußtsein geweckt hatten. Ob jetzt ein einmaliger Wahlakt, bei dem die Verantwortung einem grünen Stellvertreter übertragen wird, die Lösung aller Probleme bewirkt, ist mehr als fraglich. Die Grünen lassen sich in die Gemeindeparlamente und in die Ausschüsse hineinwählen. Hierbei bleiben diese Institutionen wie sie sind.

Da die Mehrzahl der neugegründeten Kreisverbände der Grünen noch keinerlei Erfahrungen mit außerparlamentarischen mobilisierenden Aktivitäten haben und diese teilweise sogar ablehnen, ist es unwahrscheinlich, daß die grünen Stellvertreter ausgerechnet von einer Institution aus zu einer eigenständigen Interessenwahrnehmung der Menschen beitragen können.

Colin Ward schreibt in "Anarchismus und Aktion": "Paradox erscheinen hier die gewohnte Gleichgültigkeit und niedrige Beteiligung an den Kommunalwahlen auf der einen Seite und weitverbreitetes Interesse und Unterstützung für eine spontan gebildete Gemeindearbeitsgruppe, die der Auseinandersetzung mit den lokalen Behörden viel Zeit widmet, auf der anderen. Von einem anarchistischen Standpunkt aus gesehen, ist das nicht verwunderlich. Der Gemeinderat - festgelegt auf parteipolitische Richtlinien, ohne direkten Bezug zum Wohnbezirk und von berufsmäßigen Amtsschimmelreitern dominiert, die, wie Chris Holmes gesagt hat, die Maschinerie in einer Weise bedienen "die jede lokale Initiative zur Fruchtlosigkeit verdammt - ist der Abkömmling patriarchalischen Landjunkertums aus dem 19. Jahrhundert."

Da natürlich nicht alle Mitglieder der Grünen sich zur Wahl stellen und einige unter ihnen in erster Linie an den Sachproblemen interessiert sind, ist es selbstverständlich, daß wir bestrebt sind, so oft es geht mit ihnen zusammen etwas Praktisches zustandezubringen. Wir sollten ihnen dabei klarmachen: Wenn wir eine ökologisch ausgerichtete, selbstverwaltete Gesellschaft wollen, muß der Einfluß des Staates zurückgedrängt werden. Dieses Ziel können wir nicht erreichen, wenn wir uns in die staatlichen Organe hineinwählen lassen.

Wir sollten vielmehr alles tun, um die staatlichen Vertretungsformen in sinnvollere umzuwandeln. Denn jeder Mensch hat eine Vielzahl von besonderen Interessen, die nur in kleinen speziellen Einheiten berücksichtigt werden können. Eine mehr oder weniger zufällige Ansammlung von Menschen, wie sie bei einer Wahl vorzufinden ist, kann nicht durch einen Abgeordneten vertreten werden, weil die Wählenden in verschiedenen gesellschaftlichen Einheiten leben: z.B. in einer besonderen Berufsgruppe, in einem Wohngebiet oder in einem Verein.

In speziellen Gruppen ist eigenständiges Handeln der Bürger genauso wie eine Vertretung für reale Aufgaben und bestimmte gesellschaftlich nutzbringende Zwecke besser möglich, weil der technisch-organisatorische Charakter der Aufgaben stärker hervortritt und dadurch die parteipolitischen Machtinteressen in den Hintergrund gedrängt werden. Bei diesem veränderten Vertretungssystem, das seine Entsprechung am ehesten in den Strukturen und der Arbeitsweise der Bürgerinitiativen findet, gibt die Einzelperson so viele Stimmen an verschiedene Vertretungssysteme ab, wie sie Interessen hat.

Helmut RüdigerDiese zuletztgenannten Vorschläge hat der deutsch-schwedische Anarchist Helmut Rüdiger in seinem im Ahde-Verlag erschienenen Buch "Sozialismus und Parlamentarismus" gemacht. Innerhalb der anarchistischen Bewegung wurden seine Auffassungen besonders in der schwedischen syndikalistischen Gewerkschaft Sveriges Arbetares Centralorganisation (SAC) stärker berücksichtigt.

Das Ziel der SAC ist ein föderalistisches Gemeinwesen, in dem auch Gewerkschaften eine entscheidende Rolle spielen. In der 1948 gegründeten Frihetliga Kommunalfolket (PK), der freiheitlichen Kommunalbewegung, sieht sie eine Vorform, welche die Organe des Staates ersetzen könnte.

Evert Arvidsson "Der freiheitliche Syndikalismus im Wohlfahrtsstaat""Diese Organisation nimmt mit eigenen Kandidaten an den Komunalwahlen teil, aber nur an diesen (und nur in gewissen Gegenden Schwedens). Ihr Programm trägt deutliche Züge freiheitlichen Sozialismus' im Sinne der syndikalistischen Ideen; sie besteht zum größten Teil aus Mitgliedern der SAC. Sie hat ihre größten Mandatsgewinne in den Waldgebieten des Landes erzielt, wo die syndikalistischen Waldarbeiter eine starke gewerkschaftliche Stellung halten. FK wurde zum Teil auch deswegen gebildet, weil man verhindern wollte, daß Sozialdemokraten und Kommunisten (beide zusammen die Vertreter der zentralistischen LO-Gewerkschaften) die gewerkschaftlichen Positionen der SAC an solchen Orten untergraben, wo der Syndikalismus stark ist. Prinzipiell tritt FK für eine Erweiterung der kommunalen Selbstverwaltungsrechte ein (die allerdings in Schweden ohnehin viel mehr ausgebaut sind als in den kontinentalen europäischen Ländern) ... Der größte Teil der Mitglieder der SAC sieht diese Kommunalbewegung mit Sympathie, aber es besteht kein direkter organisatorischer Zusammenhang." (aus: Evert Arvidsson, "Der freiheitliche Syndikalismus im Wohlfahrtsstaat", 1960)

Das Beispiel der SAC zeigt, daß es interessante und erfolgversprechende Ansätze basisorientierter Gemeindearbeit auch von Anarchisten gibt. Leider werden diese neueren Erfahrungen viel zu wenig aufgearbeitet, um sie in der Auseinandersetzung mit den Grünen in differenzierter Weise anzuwenden. Stattdessen drücken wir uns mit einer von der heutigen Zeit längst überholten Gedankenwelt vor den zugegebenermaßen hohen Anforderungen, die die Wirklichkeit an uns stellt. Die theoretischen Betrachtungen in unseren vielen Büchern klingen alle sehr durchdacht, aber wir vergessen oft, "daß eine soziale Lehre so beschaffen sein und so vorgetragen werden muß, daß sie Anhänger sammeln kann." (Aus: E. Arvidsson "Der freiheitliche Syndikalismus ...")

Deswegen dürfen wir unserer Arbeit für einen freiheitlichen Sozialismus keine zu beengenden Grenzen ziehen, sondern müssen danach streben, stetig neue Wirkungsfelder für unsere Ideen zu erschließen. Das heißt für uns Anarchisten: "Nicht der Buchstabe, sondern der Geist muß lebendig gehalten werden." (aus: Helmut Rüdiger, "Sozialismus und Parlamentarismus").

 

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