Aus: "Der grüne Hammer" (Neue Folge, Hg. GAL Uentrop), Nr. 3, 1985
Der Pleite-Reaktor: THTR
Die SPD boxt umstrittenen Katastrophenschutzplan durch
Wer geglaubt hat, mit der Durchführung der Ratssondersitzung zum Katastrophenschutzplan für den THTR wäre alles Menschenmögliche für die Sicherheit der Hammer Bürger getan worden, der wurde durch die Fernsehsendung "Aktuelle Stunde" eines Besseren belehrt:
"Noch im Bau: das Fernüberwachungssystem. Schnell und unabhängig von den Betreibern des Atomkraftwerks soll es die kontinuierliche Überwachung von Meßdaten durch die Aufsichtsbehörde, das Wirtschaftsministerium ermöglichen. Erfaßt werden sollen Art und Menge von radioaktiven Stoffe, die den THTR über den Abluftkamin oder das Abwasser verlassen. (...)
Veröffentlicht werden die Werte aber erst bei einem besonders bedrohlichen Störfall. Das Wirtschaftsministerium informiert dann das Innenministerium. Das dann wiederum die unmittelbar zuständige Katastrophenschutzbehörde‚ die Stadt Hamm‚ informiert. Ein langer Weg, bis man unmittelbar neben dem Reaktor weiß, was drinnen vorgeht. Nach der anstehenden Leistungsbetriebsgenehmigung wird das Kraftwerk bis zur Vollast ausgefahren. Mit allen Risiken, die auch im Normalbetrieb auftreten. Doch die Fernüberwachung - dieses wichtige Kontrollinstrument der Aufsichtsbehörde - ist noch nicht annähernd fertiggestellt. Mit der Fertigstellung der risikomindernden Fernüberwachung ist frühestens Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Die Katastrophe kann bis dahin allerdings schon stattgefunden haben" (10. 7. 1985).
Die Ratssondersitzung brachte es an den Tag: Weder die rechtzeitige Alarmierung der Bevölkerung noch eine wirksame medizinische Versorgung kann im Katastrophenfall gewährleistet werden. Anfragen von Hammer Bürgern wurden‚ sofern überhaupt zugelassen, mit einer unglaublichen Arroganz abgekanzelt:
"Sie können also 1. keine Jodtabletten bekommen, weil sie keine benötigen. Sie wohnen nicht innerhalb des Kreises und es kann für sie theoretisch nichts eintreten. Und die zweite Frage ist so zu beantworten, daß eine Evakuierung für sie nicht in Frage kommt, und die dritte Frage ist so zu beantworten, daß sie sich um ihre Tiere keine Sorgen zu machen brauchen" (Aus der Niederschrift S.40).
Doch damit nicht genug. Dreiviertel aller 395 Bürgerfragen wurden durch einen Verfahrenstrick von OB Zech (SPD) gar nicht erst zugelassen. Anträge der GAL wurden von SPD und CDU gemeinsam abgeschmettert. Die SPD beantragte ein neutrales Gutachten wegen der Reduzierung der 10 km Zone auf 5 km. Nachdem der Katastrophenschutzplan sich als chaotisches Sammelsurium unzulänglicher Einzelmaßnahmen entpuppte und gleichzeitig der THTR in Betrieb geht, begnügt sich die SPD mit einer folgenlosen und völlig unverbindlichen Geste. Sie will damit die Zweifler in den eigenen Reihen beruhigen und von ihrer bewußten Untätigkeit und Befürwortung der Inbetriebnahme des THTR ablenken.
Der THTR ist mindestens genauso gefährlich wie der Schnelle Brüter in Kalkar, bei dem die SPD zur Zeit öffentlichwirksam ihre "Zweifel" in Szene setzt. Auch hierbei werden von der SPD keine bindende Verpflichtungen eingegangen, diese Atomanlage wirklich stillzulegen. Auf grüne Wähler und Stimmen der Umweltschützer ist die SPD scharf und um sie sich einzuverleiben sind ein paar Unverbindliche Spekulationen gerade gut genug - glaubt sie!
Der THTR ist das atomare Hätschelkind der SPD schon immer gewesen und deswegen wird über haarsträubende Sicherheitsmängel großzügig hinweggesehen. Da es auf der THTR-Baustelle drunter und drüber geht und die technische Konzeption des Reaktors unausgereift ist, mußte die lnbetriebnahme von 1977 bis heute immer wieder hinausgeschoben werden. Zur Zeit kommen die Betreiber mit den Abschaltstäben des Sicherheitssystems (!) nicht klar, weil sich der Kugelhaufen verdichtet hat und die Abschaltstäbe klemmen oder gar verbogen sind.
Dieses Versagen ist ein wesentlicher Punkt der neuesten Klage der Bürgerinitiative Umweltschutz gegen die Inbetriebnahme. Die bisherigen zahlreichen Klagen gegen den Reaktor werden von der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg seit Jahren verschleppt. Der Vorsitzende des Gerichts ist der Vizebürgermeister der Stadt Soest und Ortsvereinsvorsitzender der SPD, Hans Grabis. - Zufall??
Anmerkung:
Diese dritte Ausgabe von "Der grüne Hammer" erschien in einer Auflage von 8.000 Exemplaren und wurde damit fast flächendeckend an alle Haushalte des Bezirks Uentrop verteilt. Ich war deswegen mehrere Wochen jeden Tag mehrere Stunden im Einsatz. - Das waren noch Zeiten ...
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