Aus dem Buch: "Ahaus – das Buch zum Castor" Verlag Klemm & Ölschläger, 1999
Castortransporte von Hamm nach Ahaus
Zwei Bürgerinitiativen wehren sich gegen Atomkraft
Seit dem Castortransport im März 1998 ins Brennelemente-Zwischenlager Ahaus kennt fast jeder Interessierte dieses Städtchen im Münsterland. Der Widerstand war beachtlich, das Medienecho auch. Doch was die wenigsten wissen: Der Transport im Frühjahr 1998 war der bereits 59. Castor-Transport nach Ahaus. Warum wurden die 58 vorangegangenen Transporte kaum beachtet?
Diese Transporte kamen aus dem Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR) in Hamm-Uentrop. 1971 wurde mit dem Bau des Atomkraftwerkes begonnen, 1976 sollte es betriebsbereit sein. Das erwies sich als Illusion. Die Vereinigten Elektrizitätswerke (VEW) als Betreiber hatten die Probleme beim Bau unterschätzt.
1975 bildeten sich kleine Gruppen von Atomkraftwerksgegnern im Raum Hamm. Angesprochen und zusammengeführt wurden sie von einer gewaltfreien Aktionsgruppe aus Arnsberg/Neheim-Hüsten, die sich inhaltlich an der gewaltfrei-anarchistischen Zeitschrift "Graswurzelrevolution" orientierte. Erste Akteure des einheimischen Widerstandes kamen hauptsächlich aus der Westfälisch-Lippischen Landjugend und der Deutschen Friedensgesellschaft/Internationale der Kriegsgegner (DFG/IDK). Der Protest richtete sich vorläufig noch nicht gegen den Thorium-Hochtemperatur-Reaktor, sondern gegen das zweite geplante Atomkraftwerk in Hamm vom Typ Druckwasserreaktor.
Im Vordergrund standen zur damaligen Zeit sehr stark Informationsprobleme. Es gab nur wenige Flugblätter aus dem geplanten süddeutschen Atomstandort Wyhl, ein oder zwei Bücher erschienen irgendwann zum Thema.
Da die Zeit drängte und der Erörterungstermin für den geplanten Druckwasserreaktor nahte, gründeten etwa 60 Menschen im Februar 1976 die "Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm", die heute noch besteht.
Widerspruch formulieren und artikulieren, Flugblätter schreiben und verteilen, mit einem Skelett durch die Fußgängerzone laufen, das überregional organisierte Zeltlager unterstützen, den Platz am geplanten Informationszentrum der VEW besetzen - für all das gab es keine lange Vorbereitungszeit. Nach drei Jahren wurde deutlich: Der Druckwasserreaktor wird nicht gebaut und der THTR Hamm so schnell nicht fertig. Bisher hatte niemand zu hoffen gewagt, daß man gegen ein bereits im Bau befindliches Atomkraftwerk noch etwas ausrichten könnte. Doch der Kampf gegen die Inbetriebnahme des THTR sollte alle zukünftigen Aktivitäten bestimmen. Er wurde der neue Arbeitsschwerpunkt der Bürgerinitiative.
Gemeinsamkeiten zwischen Ahaus und Hamm
Umfangreiche, länger als ein Jahrzehnt dauernde Aktivitäten auf juristischer Ebene erzielten neue Erkenntnisse und konnten durch den Einfluß der Medienöffentlichkeit einen kurzen Baustopp bewirken. Die Rechtsanwältin Wiltrud Rülle-Hengesbach nahm nicht nur die Interessen der Hammer, sondern auch der Ahauser Kläger wahr. Die Bürgerinitiative in Hamm führte zahlreiche Veranstaltungen durch, mobilisierte mit aller Kraft für Demonstrationen, propagierte die Stromgeldverweigerung als "zivilen Ungehorsam", um neue Wege im Widerstand zu gehen. Doch das Echo in der Bevölkerung blieb über einen langen Zeitraum zurückhaltend.
Der Großteil der örtlichen Bevölkerung zeigte relativ wenig Interesse an politischen Fragen und war politischen Aktivitäten gegenüber sehr passiv eingestellt. In Hamm-Uentrop wie in Ahaus lebten Umweltschützerlnnen in einer ländlichen, konservativ eingestellten Umgebung. Die in Hamm direkt benachbarte Industriearbeiterschaft war technikgläubig und den Ansichten der Bürgerinitiative mindestens ebenso unaufgeschlossen, wie die Bauern die in Hamm-Uentrop ihr Land den VEW gewinnbringend verkauft hatten. In Ahaus wurden mit der Zustimmung zum Brennelemente-Zwischenlager ebenfalls finanzielle Zuwendungen verknüpft - auch das ist eine Parallele.
Beide Bürgeritiativen an den zwei verschiedenen Standorten versuchten über zwei Jahrzehnte hinweg durch eine aufeinander abgestimmte Kombination von Öffentlichkeitsarbeit, juristischem Widerstand und gewaltfreien, direkten Aktionen den Betrieb der jeweiligen atomaren Anlage zu verhindern. In "Hochzeiten" des Widerstandes bestanden oft erhebliche Schwierigkeiten, diese Linie auch durchzuhalten.
1998 wurde das gewaltfreie "X-tausendmal quer"-Konzept in Ahaus von auswärtigen Gruppen massiv kritisiert. In Hamm hatten bereits 1977/78 maoistische Gruppen der Bürgerinitiative Zaunkämpfe wie in Brokdorf, in autoritärer Form als wichtiges Kampfmittel aufzuzwingen versucht. Daß sie durch ihr polarisierendes Auftreten die Existenz der heterogen zusammengesetzten Bürgeritiative aufs Spiel setzten, interessierten diese Gruppen nicht. 1986 war die Situation nach einem Störfall im THTR Hamm, der zeitgleich mit der Katastrophe in Tschernobyl geschah, ähnlich. Bei den Blockaden der Eingangstore zum Reaktor kam es zu heftigsten Disputen zwischen den "Bauern und Verbrauchern" aus der näheren Umgebung und dem "autonomen" Spektrum unter den Demonstranten, denen die Protestaktionen offenbar nicht militant genug waren.
Die Fertigstellung des THTR Hamm verzögerte sich um gut 10 Jahre. Wenn nicht ein außergewöhnlicher Sinneswandel bei der NRW-Landesregierung als Genehmigungsbehörde oder besondere Ereignisse die Inbetriebnahme verhindern würden, müßte sich unzweifelhaft die drängende Frage stellen: Wohin mit dem Atommüll, den der THTR produzieren wird? Nahm die Hammer Bevölkerung dieses Problem überhaupt wahr?
Von der Gründung der Bürgerinitiative bis zu den Inbetriebnahmeversuchen Mitte der 80er Jahre war die Initiative mit den typischen Problemen eines Atomkraftwerk-Standortes befaßt. Der einheimischen Bevölkerung mußte verdeutlicht werden, wie gefährlich dieser spezielle Reaktortyp wirklich war und dieses Wissen mußte auch der überregionalen Umweltbewegung vermittelt werden. Die Standorte Brokdorf und Gorleben dominierten über lange Zeit die atomkritische Debatte dermaßen, daß aus den Nachbarstädten von Hamm Umweltschützern mit unzähligen Bussen hunderte von Kilometern zu den vermeintlichen Kristallisationspunkten des Widerstandes fuhren - nur nicht zum THTR in Hamm! Das Gefühl, auch innerhalb einer breiten Bewegung oftmals alleingelassen zu werden, hatten über längere Zeiträume etliche Atomkraftgegnerlnnen in Hamm und Ahaus gemeinsam.
Ahaus: Nur ein Problem von vielen?
Nachdem die unterirdische Lagerung von Atommüll in dem Bergwerk Asse als Folge gerichtlicher Einsprüche blockiert wurde, gab es 198l Überlegungen, daß die THTR-Brennelementekugeln zusammen mit denjenigen des kleineren Versuchsreaktors (HTR Jülich) in der Nähe von Jülich zwischengelagert werden sollten. Auch der Name Ahaus tauchte nun zunehmend in der Berichterstattung auf. Doch die Mitglieder der Bürgerinitiative sahen sich angesichts des mittelmäßigen Zuspruchs aus der Hammer Bevölkerung erst einmal vor das Problem gestellt, in ihrer Heimatstadt für eine größere Sensibilität gegenüber dem geplanten Druckwasserreaktor und später dem THTR zu sorgen.
Erst anläßlich des Aufrufs für die erste Großdemonstration im September 1983 gegen den THTR Hamm wurde die Situation von der Hammer Bürgerinitiative bedeutend klarer erfaßt und dargestellt: " (...) Ihr Festhalten an den Hochtemperaturreaktoren hat die NRW-Landesregierung sogar in Zugzwang gebracht, das Zwischenlager für Atommüll in Ahaus, das sie noch 1977 abgelehnt hatte, nun doch genehmigen zu müssen. Die anderen Bundesländer haben sich nämlich geweigert, HTR-Brennelemente aus NRW anzunehmen (...)." Am 17. September 1983 folgten 3.000 Menschen dem Demonstrationsaufruf.
Friedens- und Hausbesetzerlnnenbewegung erzielten aufgrund aktueller Ereignisse zu diesem Zeitpunkt bedeutend mehr Aufmerksamkeit als die Umweltschutzbewegung, so daß nach einem hohen Mobilisierungsaufwand und halbjähriger Vorbereitungszeit selbst diese verhältnismäßig bescheidene Anzahl von Demonstranten wie ein großer Erfolg erschien. Festzuhalten bleibt zu diesem Zeitpunkt aber immer noch, daß das geplante Zwischenlager in Ahaus bei der Bürgerinitiative in Hamm nur ein Argumentationsgegenstand von vielen anderen war.
Kohle und geplante Zechenstillegungen, die HTR-Linie als deutscher Exportschlager, Gefahren der Atomwaffenproduktion und vor allem der Beginn der bevorstehenden Probeläufe des THTR Hamm dominierten als Themen die öffentliche Argumentation und interne Strategieüberlegungen eindeutig. Die dramatische Situation im Jahre 1986 und das sich anschließende dreijährige An- und Abschaltewechselspiel forderte die BI Hamm immer wieder zu neuen Aktionen heraus, in denen die Lage vor Ort oberste Priorität hatte. Eine möglichst frühzeitige Aufgabe der Inbetriebnahmeversuche beim THTR hätte auch die Probleme in Ahaus reduziert.
Noch bevor 1989 der Reaktor nach nur 423 Vollasttagen endgültig stillgelegt wurde, sorgten Meldungen über den geplanten Bau einer sogenannten Transportbereitstellungshalle (TBH) für schwach radioaktive Abfälle für Irritationen. Eine solche "Halle" direkt neben dem THTR würde Platz schaffen für hochradioaktive Abfälle im kraftwerksinternen Lager des THTR Hamm, schließlich wurde erst im Februar 1988 der Baustop für das halbfertige Zwischenlager in Ahaus aufgehoben. Insbesondere für den sozialdemokratischen Teil der Umweltschützer wurde es plötzlich sehr wichtig, daß der THTR-Müll nicht etwa in Hamm-Uentrop verbleibt, sondern möglichst weit forttransportiert wird.
Hamm: Verdrängung und Desinteresse
Kaum daß der THTR in Hamm endgültig stillgelegt wurde, ließ das Interesse vieler bisher interessierter und engagierter Menschen an dem weiteren Gang der Dinge merklich nach. lm THTR-Rundbrief Nr. 33 (1991) stand über die sich abzeichnende Tendenz vieler Menschen, sich aus den Hammer Anti-AKW-Arbeitszusammenhängen zu verabschieden:
"Die endgültige Stillegung des THTR reduziert das atomare Bedrohungspotential in der Umgebung von Hamm. Dafür werden andere Menschen in der Region Ahaus mit der baldigen Genehmigung des Atommüllzwischenlagers konfrontiert. Nach der am wenigsten schädlichen Lösungsmöglichkeit für die Stillegung des THTR ist bisher weder von der Landesregierung noch von den Betreibern in ausreichendem Maße gesucht worden. Wer sich in der Vergangenheit engagiert für die Stillegung des THTR eingesetzt hat, für den kann es keinen triftigen Grund geben, bei einem nicht minder gefährlichen Projekt abseits zu stehen. Wir hoffen, daß die für den 16. März geplante Kundgebung und Menschenkette in Ahaus ein voller Erfolg wird."
Unter den 500 TeilnehmerInnen befanden sich ganze drei Personen aus Hamm.
Aber die unangenehme Erinnerung an das, was einmal war, versuchte auch die Betreiberseite auszulöschen. Am 21. August 1991 wurde der weithin sichtbare THTR-Kühlturm gesprengt. Das "Wahrzeichen" von Hamm wurde dem Erdboden gleichgemacht.
Die Transporte beginnen
Während Gruppen aus Dortmund und Bochum zu Beginn des Jahres 1992 Informationsblätter zum geplanten Atommülltransport von Hamm nach Ahaus verteilten und einen Aktionstag hierzu veranstalteten, war die Hammer Bürgerinitiative noch mit der inhaltlichen Aufarbeitung der ungeklärten Sicherheitsprobleme bei der Stillegung des THTR in Hamm beschäftigt. Mitte März 1992 wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz die Einlagerung von THTR-Atommüll im Ahauser Brennelemente-Zwischenlager genehmigt. Bezeichnenderweise wechselte der THTR-Sicherheitsverantwortliche Ivar Kalinowski, der bereits 1986 maßgeblich an der Verharmlosung der Störfälle in Hamm beteiligt war, sieben Monate vorher in eben jenes Bundesamt für Strahlenschutz, das die Atommülleinlagerung so großzügig genehmigte.
Nach tagelangen öffentlichen Spekulationen fand der erste Transport aus drei Castorbehältern mit 6.300 Brennelementekugeln am 25. Juni 1992 statt. Der bisher geheimgehaltene Transportzug wurde von einem massiven Polizeiaufgebot und einem Hubschrauber in der Luft begleitet. Während der Zug die ca. 150 Kilometer lange Strecke ohne Probleme bewältigte, kam es in Ahaus zu einer friedlichen Schienenblockade durch 50 DemonstrantInnen.
In dieser Zeit schlugen Anti-AKW-Gruppen aus benachbarten Städten vor, die Gleise am THTR-Ausgangspunkt zu beobachten, um die Abfahrt der Castorzüge zu melden. Damit hätten Blockadeaktionen ermöglicht werden können. Die entlang der Bahnstrecke in Hamm verteilten Flugblätter wurden von insgesamt zehn Gruppen unterzeichnet, aber nur zwei Personen erklärten sich bereit einen ganzen oder halben Tag am THTR als "Beobachter" auszuharren. Schon nach einem kurzen Zeitraum wurde deutlich, daß diese Aufgabe nicht geleistet werden konnte. Die wenigen Leute der Bl Hamm führten noch einen Infostand durch und riefen zur Protestkundgebung nach Ahaus auf. Der zweite Atomtransport erfolgte am 15. Juli 1992 und erreichte Ahaus ohne Komplikationen.
Die Hammer SPD sprach sich im August 1992 für den Abtransport der Brennelemente nach Ahaus aus: "Ein stillgelegter Reaktor ist sicherer als ein im Betrieb befindlicher, und ein von Brennelementen entladener Reaktor ist sicherer als ein mit Brennelementen gefüllter". (Westfälischer Anzeiger vom 17. 8. 1992).
Während die Hammer Stadtverwaltung sich äußerst passiv und desinteressiert an der Problematik der Atommülltransporte zeigte, beantragten die Hammer Friedensfrauen beim Bundesamt für Strahlenschutz Akteneinsicht in die Transportgenehmigung. Dies wurde ihnen jedoch verwehrt.
Eine "schöne Bescherung" hielt am 24. Dezember 1992 und in den folgenden Monaten die Umweltschützer auf Trapp: Aufgrund einer Störung in der Drainage im Keller des THTR’s flossen 7.000 Liter radioaktiv verseuchtes Wasser aus. Der ab dem 18. März 1993 insgesamt viermal tagende "Runde Tisch", an dem alle Beteiligten einschließlich Bürgerinitiativen gemeinsam die Stillegungsprobleme diskutierten, mußte sich deswegen zusätzlich intensiv mit diesem neuen Störfall beschäftigen. Bei der ganzen Aufregung ging in den Hammer Diskussionen unter, daß eben zu diesem Zeitpunkt die Betreiber des BEZ Ahaus eine Erweiterung der Lagerkapazität von 1.500 Tonnen auf 4.000 anstrebten und daß im Mai 1993 das Oberverwaltungsgericht Münster die Klage gegen das Zwischenlager in Ahaus abgelehnt hatte.
Nach dem genannten Störfall rückte ein weiteres gravierendes Problem in den Vordergrund: Die NRW-Landesregierung hatte bis zum August 1993 rund 430 Millionen DM der Betreibergesellschaft "Hochtemperatur-Kernkraft GmbH" (HKG) teilweise ohne Beschlüsse des NRW-Parlaments zukommen lassen, um ihren drohenden Konkurs abzuwenden. Außerdem mußte der nordrhein-westfälische Minister Einert zugeben, daß es im THTR technische Komplikationen gab, die noch verbliebenen 500.000 Graphit-Kugeln aus dem Reaktorkem zu entnehmen. Die Transporte nach Ahaus mußten deswegen bis zum Januar 1994 unterbrochen werden. Die Reaktion des Umweltausschusses des Rates der Stadt Hamm zeugt in diesem Zusammenhang von einer unglaublichen Ahnungslosigkeit und Ignoranz: "Daß die Kugeln nun entfernt würden, wurde allgemein als positiv empfunden, denn dann seien sie schließlich weg" (Westfälischer Anzeiger vom 3. 12. 1993).
Während bei Wiederaufnahme der Transporte die Proteste im Münsterland zunahmen - sogar im März 1993 ein Zug in Münster kurz aufgehalten wurde - beendeten in Hamm zu diesem Zeitpunkt THTR-Betreiber und Kläger der Bürgerinitiative gerade ihren 15 Jahre dauernden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Inbetriebnahme (!) des THTR Hamm. Dies war notwendig, um die Prozeßkosten von 140.000 DM für die Kläger der Bürgerlnneninitiative, mit einer letztmaligen zusätzlichen Summe von 50.000 DM im Rahmen zu halten.
Zu einer kleinen "Blockade" eines Castortransportes kam es - man höre und staune - in Hamm doch noch. Ein Mitglied der Bürgerinitiative fuhr mit einem mehrköpfigen Kamerateam des Fernsehens auf Wunsch die Bahnübergänge ab und wartete auf dem Bahnsteig des Stadtteilbahnhofes Bockum-Hövel auf die Ankunft des Zuges. Der Zugführer wurde vorgewarnt und wartete in Erwartung von Blockadeaktionen auf freier Strecke, bis sich dieses offensichtliche Mißverständnis nach einer Viertelstunde aufklärte. Der Zug rollte weiter, das Kamerateam hatte seine Bilder im Kasten.
Die Transporte nach Ahaus gingen weiter bis der Westfälische Anzeiger am 24. Juni 1995 melden konnte, daß die Entladung des Reaktorkerns offiziell abgeschlossen wäre, aber rund 50 Kugeln im Innern des THTR Hamm verbleiben müssen.
Im August 1995 wurden die Riesenschalldämpfer des Reaktors durch einen 800-Tonnen- Kran abgebaut. Die hierbei anfallenden 150 Tonnen Stahlschrott wurden eingeschmolzen. Die Kosten hierfür bezifferte man mit 300.000 DM (Westfälischer Anzeiger vom 5. 8. 1995). Als letztes sichtbares Zeichen baute im Februar 1996 ein großer Kran den 150 Meter hohen Abluftkamin ab.
Ahaus ist keineswegs der einzige Verbringungsort von Atommüll aus dem THTR. Schwachradioaktiver Müll wurde von Hamm auch nach Studsvik (Schweden), Gorleben und Morsleben gebracht bis 1997 der sogenannte "sichere Einschluß" des Reaktors erfolgte. Die nächsten 30 Jahre findet nun der "Erhaltungsbetrieb" statt, wofür das Land NRW die Genehmigung erteilt hat. In dieser Zeit wird der THTR an Werktagen von einem schaltberechtigten Elektriker und einem Schlosser aus dem benachbarten VEW-Kohlekraftwerk "betreut", und von der Bürgerinitiative Hamm, einem halben Dutzend immer noch aktiver Mitglieder, die immer mal wieder kritische Fragen stellen und kleinere Veranstaltungen organisieren.
Die kleine Hammer Bürgerinitiative besteht weiter und begleitet kritisch den Stillegungsprozeß des THTR Hamm auch in den nächsten Jahrzehnten. Und sie wird dafür sorgen, daß nicht in Vergessenheit gerät, daß die andere Hälfte des radioaktiven Inventars dieses Reaktors derzeit in Ahaus lagert.
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