Aus: "Atom Express", Nr. 2, 1981

Klage gegen den Pleitereaktor

Rechtsschutzaktie zur Abwehr des THTR

Zwei Hammer Bürger haben in den vergangenen Monaten, unterstützt durch die Bl Umweltschutz Hamm, beim Verwaltungsgericht Arnsberg eine Klage gegen den THTR-Hamm eingereicht, um den Bau dieses AKW´s auf gerichtlichem Weg zu stoppen.

RechtsschutzsaktieDer mit kugelförmigen Brennelementen gefüllte, heliumgekühlte Hochtemperaturreaktor wurde in den 60er Jahren als Alternative zu den Leicht- und Druckwasserreaktoren geplant. Doch 1970 gaben die Franzosen dieses Projekt auf, 1973 die Engländer und 1975 die Amerikaner. Zur Zeit ist lediglich in Jülich ein HTR-Versuchsreaktor mit 15 MW in Betrieb. Der THTR-Hamm wäre also mit 300 MW die erste Demonstrationsanlage.

Das Genehmigungsverfahren mit Anhörung der Bevölkerung fand 1970/71 statt, als der Widerstand gegen die Atomenergie noch nicht weit verbreitet war. Seit 1971 wird an dem THTR gebaut und die Inbetriebnahme war für 1977 geplant. Doch durch technische Schwierigkeiten und zusätzliche Sicherheitsauflagen wurde die Fertigstellung immer wieder verzögert. Heute wird die angestrebte Inbetriebnahme von den Vereinigten Elektrizitätswerken (VEW) mit 1983 angegeben. Die Baukosten sind von geplanten 710 Mio. DM bis heute auf 2,5 Mrd. DM gestiegen, wobei 90% der Kosten durch Steuergelder gedeckt werden.

Die zwei Kläger versuchen das Gericht zu überzeugen, daß in den zehn Jahren Bauzeit soviele Änderungen an dem ursprünglich genehmigten Reaktor vorgenommen worden sind, daß ein neues Genehmigungsverfahren notwendig ist. So ist das Meß- und Regelsystem verändert worden, das Notkühlsystem ist umdimensioniert und der zunächst der Planung zugrundeliegende Sicherheitsbericht ist von Grund auf und in einer Vielzahl von Einzelheiten durch sog. "Planungsgrundsätze" ersetzt worden.

Der Grüne Hammer Nr.13Aus diesen Gründen fordern die Kläger einen sofortigen Baustop für den THTR-Hamm. Allerdings ist es so, daß es sich praktisch keine Privatperson leisten kann, gegen ein solches Großprojekt gerichtlich vorzugehen. Ein vergleichbares wirtschaftliches Risiko ist auf der Betreiberseite, die als Kapitalgesellschaften in ihrer Haftung beschränkt sind, nicht zu finden.

Die Rechtsschutzaktie

Wir müssen damit rechnen, daß der Prozeß einige zenhntausend DM kosten wird. Wichtig ist nun für uns Umweltschützer, die beiden Kläger finanziell zu unterstützen und das finanzielle Risiko auf möglichst viele Menschen zu verteilen. Aus diesem Grunde haben wir eine Rechtsschutz-Aktie eingerichtet. Sie ist auf gutem Papier mit einem alten Stadtbild von Hamm gedruckt. Jede einzelne Aktie hat eine laufende Nummer und ist mit einem Preis von 5, 10, 20, 50 oder 100 DM ausgewiesen. Wir hoffen, daß auch Sie regen Gebrauch von der Rechtsschutz-Aktie machen. Durch die Überweisung eines entsprechenden Betrages erhaltet lhr die Rechtsschutz-Aktie automatisch zugeschickt.

Natürlich werden sich die Bl´s nicht nur auf juristischem Wege gegen den THTR-Hamm wehren, sondern gewaltfreie, direkte Aktionen sind ebenfalls ein Teil ihres Widerstandes. Ein erster Schritt war eine Demonstration von 1.500 Bürgern in Hamm am 31. Mai 1980. Auch in der überregionalen Presse ist diese Aktion beachtet worden und hat vielen Umweltschützern Auftrieb gegeben.

Trotzdem kann dieser Erfolg nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Kampf gegen den THTR-Hamm auch im Bewußtsein vieler Umweltschützer ein Schattendasein geführt hat. Selbst BI´s, die im näheren Bereich von Hamm arbeiten, beschäftigen sich oft viel intensiver mit weiter wegliegenden Standorten wie Gorleben oder Brokdorf, als mit dem THTR. Es ist sicherlich unsere Aufgabe, durch verstärkte Aktivitäten neue Kreise für ein Engagement gegen den THTR und für das Leben zu gewinnen.

Anmerkung

Dieser Artikel wurde ebenfalls im "Umweltmagazin" des BBU (Nr. 1, 1981) und im "Paderborner Stattblatt" Nr. 12 (1980) abgedruckt.

 

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