Aus: "Junge Welt", 1. Dezember 2001

Bürgerinitiativen und Kapitalismuskritik

Das Thema "Atomkraft" hat die marxistisch orientierte Parteilinke der 70er und Anfang der 80er Jahre nie wirklich interessiert. Aber sie nutzte die neu entstandene Bürgerbewegung ziemlich eigennützig für ihre egoistischen Sonderinteressen aus. Auch die sogenannten Autonomen mit ihrer teilweise anarchistischen Rhetorik waren nicht viel besser.

"junge Welt", Die TageszeitungWenn hunderte Busse hunderte von Kilometern zu den angeblichen Kristalisationspunkten des Widerstandes (z. B. Brokdorf) fuhren, während die mühselige alltägliche Arbeit der Bürgerinitiativen von diesen Superlinken in aller Regel nicht unterstützt wurde, dann sagt dieses Verhalten einiges über die Ernsthaftigkeit ihres Anliegens aus, tatsächlich etwas gegen Atomkraftwerke zu tun.

Seltsamerweise wurde in dem Junge Welt – Gespräch das große, gemeinsame Zentrum, in dem ca. eintausend Bürgerinitiativen solidarisch und überparteilich zusammenarbeiteten, mit keiner Silbe erwähnt: Es war der "Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz" (BBU).

Kapitalismuskritik, Staatsskepsis und emanzipatorisches Handeln mußten und konnten die autoritären Polit-Sekten den Bürgerinitiativen ganz gewiss nicht beibringen – darauf sind wir schon selbst gekommen!

Gerade ihre oberflächliche, pseudokadikale Rhetorik hat es uns so schwer gemacht, innerhalb einer Bürgerinitiative miteinander die nächsten Arbeitsschritte zu entwickeln und bei anderen Menschen Gehör zu finden. Genau diejenigen Leute, die uns damals am meisten auf die Nerven gingen, waren oft die ersten, die ca. zehn Jahre später bei den Grünen und manchmal bei der SPD als sogenannte "Realos" ihre hochtrabenden ehemaligen Ziele verraten und verkauft haben!

Blockade am THTR Hamm im Jahr 1986, Foto: Horst BlumeAnmerkung

Dieser Leserbrief erschien als Reaktion auf den Artikel "Klar,es gab Erfolge" in Junge Welt vom 24./25. November und wurde gekürzt.

Ein ausführlicher Artikel von mir zu dem Thema Bürgerinitiativen und Parteien ist hier einzusehen: "Von Unten auf! Warum Aktivismus in Bürgerinitiativen sinnvoller ist als die Mitarbeit in Parteien und Parlamenten. Ein vergleichender Erfahrungsbericht":

http://www.machtvonunten.de/parteien-und-parlamentskritik.html?view=article&id=104:von-unten-auf&catid=11:parteien-und-parlamentskritik

Über die Erfahrungen der 1975 gegründeten Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm schreibe ich in hier:

http://www.machtvonunten.de/lokales-aus-hamm.html?view=article&id=307:rueckblick-15-jahre-buergerinitative-umweltschutz-hamm&catid=21:lokales-aus-hamm

Zu den Erfahrungen mit dem "Kommunistischen Bund" (KB) in den 70er und 80er Jahren schrieb ich: "Die Heimsuchung":

http://www.machtvonunten.de/linke-bewegung.html?view=article&id=278:die-heimsuchung&catid=22:linke-bewegung

 

 

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