1. November 2015: Viele Preise, aber ein Fragezeichen
Gestern erhielt Rajagopal PV während einer vom Fernsehen übertragenen Zermonie den "Indira Gandhi Award for National Integration" von der inzwischen oppositionellen Kongresspartei (1). Überreicht wurde der mit 10 Lakhs (ca. 14.000 Euro) dotierte Preis von dem ehemaligen Premierminister Singh und von Sonia Gandhi. Manmohan Singh ging in seiner Rede nicht nur auf die aktuellere Situation der Landrechtbewegung ein, sondern hob besonders Rajagopals Einsatz zur Beilegung des bewaffeneten Konfliks im Chambaltal in Nordindien hervor. Dort hatten seit Langem sozial benachteiligte "Banditen" (Dacoits) an vielbefahrenen Wegerouten Reisende überfallen und ausgeraubt. Rajagopal lebte dort sechs Jahre lang als gewaltfreier "Sozialarbeiter" und brachte letztendlich über eintausend Dacoits im Jahre 1976 dazu, freiwillig in einem demonstrativen Akt ihre Waffen vor Gandhi-Denkmälern abzulegen (2).
Sonia Gandhi ging in ihrer Rede auf das wachsende Klima der Intoleranz in Indien ein, unter dem insbesondere die SchriftstellerInnen und KünstlerInnen zu leiden haben. In den letzten Jahren ist es durch fanatisierte Hindufundamentalisten zu zahlreichen gewalttätigen Übergriffen und sogar zu zwei Morden an AutorInnen gekommen. 41 indische SchriftstellerInnen haben aus Protest gegen die Bedrohung ihres Lebens und die Behinderung ihrer Arbeit die höchste literarische Auszeichnung "Sahitya Akademi Award" zurückgegeben (3).
Mit dieser Rede Sonia Gandhis offenbart die Kongresspartei allerdings eine gehörige Portion Doppelmoral, denn ausgerechnet unter der Namensgeberin des überreichten Preises ist in den Jahren 1975 bis 1977 der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Unter Ministerpräsidentin Indira Gandhi wurden nicht nur ein Großteil der Grundrechte wie Pressefreiheit aufgehoben, sondern oppositionelle Gruppen wurden verboten, Menschen kamen ohne Gerichtsverfahren ins Gefängnis, nicht konforme Bundeslandregierungen wurden abgesetzt, es wurde diktatorisch per Dekret regiert (4).
Rajagopal betonte, dass mit dem Preisgeld in Zukunft freiwillige soziale AktivistInnen ausgebildet werden sollen.
Drei Tage zuvor wurden am 28. Oktober 2015 von dem mit Ekta Parishad verbundenen soziokulturellen Begegnungszentrum CESCI (Tamil Nadu) der "Maja Award", benannt nach der verstorbenen Schweizer Sozialaktivistin Maja Coene, an sieben engagierte Persönlichkeiten überreicht. Die vier Sozialaktivisten, zwei Journalisten und ein Friedensarbeiter kommen diesmal aus der oft wenig beachteten, konfliktreichen nordöstlichen Region Indiens, aus Nagaland, Manipur und Assam: Oinam Rajen Singh, Jenpu Rongmei, Bakul Gogoi, Debojit Kalita, Pradeep Kumar Behra, Prasanta Rajguru, Jean-Louis Bato.
Anmerkungen:
1) https://www.youtube.com/watch?v=ZvBMnPsULrI
2) siehe Karl-Julius Reubke "Experimente mit der Gewaltlosigkeit", ab Seite 4:
http://www.freunde-ekta-parishad.de/cms/upload/pdf/Rajagopal_indieDrei.pdf
3) taz vom 21. Oktober 2015: http://www.taz.de/Hindunationalismus-in-Indien/!5239945/
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